Meine zweite Kampfkunst Station sollte eigentlich Graz werden, da dort eine Freundin von mir wohnt, welche ich treffen wollte und es auf meiner Route Richtung Kroatien lag.
Ich recherchierte also, was so alles in Graz an Kampfkunst oder Kampfsport angeboten wird und bin dabei auf die INDES Akademie Graz gestoßen. INDES unterrichtet historische europäische Kampfkunst, sprich jene Art zu kämpfen, welche in Europa vor Jahrhunderten verwendet wurde.
Ich dachte mir, das ist natürlich eine super Möglichkeit weiter in die „verlorenen und vergessenen“ Kampfkünste unserer Welt einzusteigen. Also kontaktierte ich „Fridl“, den Leiter am Standort Graz und erzählte ihm von meiner Idee und wann ich in Graz sein werde.
Gerade in der Zeit, in der ich in Graz sein wollte, fand allerdings die „Lebensschule“ für die Mitglieder aller INDES Standorte statt. Da noch genug Platz in diesem Trainingslager frei war, lud mich Fridl ein, einfach mit zu kommen, um historische europäische Kampfkunst auf der „Lebensschule“ zu erlernen.
In der zweiten August Woche 2015 waren wir dann insgesamt zu acht auf einer Alm in Oberösterreich, ohne Strom, ohne fließendes Wasser, ohne Handyempfang und Internet. Ganz im Einklang mit der Natur.
In dieser Zeit konnte jeder seine Zeit so einteilen, wie er es mochte. Nur das gemeinsame Aufstehen und eine Bewegungseinheit am Morgen waren für alle Teilnehmer vorgesehen.
Im Laufe des Tages haben wir dann verschiedenste Aktivitäten durchgeführt, wie z. B. Bogenschießen, Schwertkampf, Ringen, Laufen, Krafttraining, etc. Aber auch entspannt, Spiele gespielt, Musik gemacht und gesungen, was man halt so macht, wenn man mal eine Weile fernab der Zivilisation ist und Zeit hat.
Die Woche auf der Alm mit den INDES Mitgliedern hat mir richtig gut getan, ich habe gemerkt, wie der ganze Stress der letzten Jahre von mir abgefallen ist und bin froh das ich dort etwas in die historische europäische Kampfkunst eintauchen konnte. Dafür nochmals vielen Dank an alle, die an der Lebensschule teilgenommen haben. Danke Fridl, Ingulf, Vroni, Anna, Thomas, Flo und Michi!
Wie bereits erwähnt, bietet INDES historisch europäische Kampfkunst an und dies an mehreren Standorten in Österreich. In Klagenfurt, Salzburg, Linz, Wien und Graz. Auch in Deutschland befindet sich eine Trainingsmöglichkeit in Kulmbach in Unterfranken.
Das Ziel des Vereines ist es die historische europäische Kampfkunst auf eine moderne Art und Weise einer breiten Masse vorzustellen und Trainingsmöglichkeiten zu bieten.
Es soll als Sport verstanden werden, indem man sich der Auseinandersetzung von zwei Kämpfern im Klaren ist, aber dennoch nicht ein „in die Schlacht ziehen“, wie es vor Jahrhunderten der Fall gewesen ist. Die Schlachten von damals sind lange geschlagen.
Bei historischer europäischer Kampfkunst handelt es sich um Techniken des Zweikampfes, die aufgrund von fortschreitenden Waffentechniken ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr angewendet werden mussten und so leider in Vergessenheit geraten sind.
Doch dank alter Manuskripte der Kampfkunstmeister, welche wiederentdeckt wurden, ist seit ca. 25 – 30 Jahren in Europa eine große Bewegung entstanden und Menschen setzten sich wieder mit dieser Art zu kämpfen auseinander.
Auch INDES versucht das Training nach diesen Lehren zu gestalten. Jedoch fehlen einige Inhalte der alten Unterlagen, sodass es immer etwas Interpretationsspielraum bei der Ausführung der verschieden Techniken gibt.
Es wurde eine ganze Handvoll von diesen alten Büchern wieder entdeckt, die beschrieben wie damals gekämpft wurde. Die bekanntesten Meister von damals sind u. a. Joachim Meyer, Peter von Danzig und Johann Lichtenauer. Diese zählen allerdings nur zu jenen Meistern, die es sich in der damaligen Zeit leisten konnten, ein Buch zu schreiben, da der Buchdruck in der damaligen Zeit noch sehr exklusiv und teuer war.
Das Training bei INDES ist durchaus für die breite Masse geeignet. Es besteht aus Ausdauer- und Krafttraining, Koordination und der eigentlichen Kampfkunst an den Waffen. Es werden alle Altersgruppen bis ca. 70 Jahre angesprochen und an verschiedenen Standorten wird auch Kindertraining angeboten.
Die angebotenen Waffentechniken sind etwas vom Standort abhängig. U. a. gibt es das lange Messer, dabei handelt es sich um ein ca. 1m langes Messer.
Das lange Schwert, welches man aus Film und Fernsehen kennt, wenn ein Schwertkampf ausgefochten wird.
Die Hellebarde, ist ein gut zwei Meter langer Stock mit verschiedenen Zusatzteilen wie Klingen, Spitzen oder Axtköpfen. Es handelt sich hierbei um eine klassische Kriegswaffe.
Weiterhin das Rapier, dabei handelt es sich um einen Degen der Anfang des 17. Jahrhunderts verwendet wurde.
Der Dolch, der damals als Alltagswaffe diente, da ihn jeder bei sich trug.
Als waffenlose Technik wird das Ringen angeboten, da dies auch eine lange Tradition in Europa hat.
INDES ist aus einer Idee entstanden, die Fridl, Ingulf und Marcel hatten, als sie zusammen in einem Mittelalterverein in Klagenfurt tätig waren und sich ihre Wege aufgrund des Studiums trennten. Die drei haben dann INDES in einer Cooperate Identity aufgezogen, um unter einem Namen und einer Grundlage Training in historischer europäischer Kampfkunst anbieten zu können. Seit August 2008 standen dann die Idee und der Name INDES.
INDES ist der Begriff für „Währenddessen“, bzw. „Gleichzeitig“, dabei handelt es sich um ein Fechtprinzip und bedeutet so viel wie: „Wenn mein Gegner einen Angriff startet, mache ich gleichzeitig einen Konter“.
Wettkämpfe gibt es zurzeit noch sehr wenige, da es sich eher um eine Kampfkunst anstatt um eine Kampfsportart handelt. Es gibt zwar Veranstaltungen, diese sind aber meist sehr weit von Österreich weg, da sie sich auf komplett Europa verteilen, was eine Anreise für die Mitglieder von INDES erschwert. Aber für die Zukunft ist durchaus geplant, dass vermehrt an Wettkämpfen teilgenommen wird.
Um in ersten Kontakt mit historischer europäischer Kampfkunst zu kommen, gibt es zum einen die Möglichkeit direkt an INDES Standorten vorbei zu schauen und am Training teilzunehmen oder am Wochenende an einem der zahlreichen Seminare teilzunehmen.
Zudem gibt es das Netzwerk der „HEMA“, abgekürzt für Historical European Martial Arts. Dort findest du alle Standorte und Vereine in deiner Nähe, die sich mit historischer europäischer Kampfkunst beschäftigen.
Abschließend bleibt mir nur noch einmal Dank zu sagen, an die Mitglieder des Vereines INDES in Österreich, dir mir einen intensiven Einblick in die historische europäische Kampfkunst vermitteln konnten und zudem noch eine wahnsinnig entspannte Woche ermöglichten, in der ich echt mal wieder runter kommen konnte.
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