Es ist Anfang Oktober 2013, ich bin gefangen in einem Vollzeitjob, habe gerade noch nebenberuflich einen Master in Ingenieurswissenschaften angefangen, weil ich nicht weiß wohin mit meiner ganzen Freizeit (Ironie!) und die Beziehung mit meiner Freundin, mit der ich zusammen lebe, ist auch am Ende. Zudem kommt noch, dass der Winter langsam herein zieht. Die Grundlagen für starke Depressionen addieren sich scheinbar in dieser Zeit, wie immer, alles kommt auf einmal.

Doch was kann man machen, um auf andere Gedanken zu kommen? Hier kommen nun ein paar Ratschläge, die du in solchen Situationen gerne zu hören bekommst.

  • Stürze dich in Arbeit! Das wird dich ablenken.
    Wenn du einer Arbeit nachgehst, die dich erfüllt und glücklich macht, ist dies vielleicht ein guter Ratschlag. Wenn du dich allerdings durch deinen Job eingesperrt und unglücklich fühlst, dann solltest du dir diesen Ratschlag nicht zu Herzen nehmen. Für mich persönlich war es zu dieser Zeit völlig unpassend.
  • Such dir jemand anderen, es gibt genug andere da draußen!
    Falls du noch immer deiner Beziehung nachtrauerst, wird das in den meisten Fällen nicht auf Anhieb funktionieren, alleine aus dem Grund, weil du dieses Unglück ausstrahlst und Menschen umgeben sich ungern mit unglücklichen Personen. Ich habe den Ratschlag selbst immer wieder ausprobiert in meiner „Laufbahn“, bin aber, so glaube ich, immer gescheitert solange man mir dieses Unglück noch ansehen konnte.
  • Färbe dir doch die Haare oder lass dir ein neues Tattoo machen, wir können auch shoppen zur Ablenkung! So hört sich das wahrscheinlich bei Frauen an, zumindest kommt es mir so vor, dass die Damen ihre Haarfarbe immer mit dem Partner wechseln … Also dieser Ratschlag war dann wohl auch nichts für mich.
  • Fahr in Urlaub, mach etwas, das dir Spaß macht!
    Bester Ratschlag! Andere Umgebung, andere Leute, anderer Tagesablauf, nichts was dich an deinen Verlust erinnert. Das war dann auch letztendlich der Weg, den ich gewählt habe.
    Aber nun zurück zum eigentlichen Thema!

Ich war als Ingenieur angestellt, die Kohle für Urlaub war vorhanden und ich hatte sogar noch 15 Urlaubstage für das Jahr 2013. Also ab zum Chef, ihm hab ich dann vorgeheult wie schlecht es mir momentan geht und dass ich eine kurze Auszeit brauche, um auf andere Gedanken zu kommen. Da man einem traurigen Kerl keinen Wunsch verwehren kann, war die Sache geritzt. Vier Wochen Urlaub, den ganzen Dezember.

Aber wo sollte es hingehen und wer sollte mitkommen?

Ich begann in meinem Freundeskreis herum zu fragen, doch wie es meistens ist, muss man bei den Leuten zwei Jahre vorher anfragen, wenn man auch nur ein verlängertes Wochenende nach Holland ans Meer fahren möchte. Aber einer meiner langjährigen Freunde war auch von der Idee begeistert, mal wieder eine Fernreise zu machen, da er selbst durch diverse Trips vom Reisewahn angefixt war.

Also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, wo es hingehen sollte. Ich glaube zur Auswahl standen: Costa Rica, Puerto Rico, Florida, Indonesien und Thailand.
Auf Wunsch meines Freundes entschieden wir uns für Thailand, ich persönlich hätte auch eine andere Destination gewählt, da ich ja bereits 2009 da war, allerdings nur in Bangkok und auf Koh Samui im WMC Muay Thai Camp.

Der Tag vor dem Abflug, die Spannung stieg. Ich ging auf die Website von Etihad-Airways, um den Online-Check-In durchzuführen, alles ganz easy, mit den Gedanken schon Richtung Südostasien unterwegs. Ca. 10 min. später ruft mein Freund an: “Tut mir leid, ich muss dir leider absagen, ich komme nicht mit nach Thailand!”, was meint ihr wohl was ich für eine Fresse gezogen habe? Was sollte ich jetzt machen, ich hatte ja bereits eingecheckt. Nach kurzem cholerischen Anfall und Raserei habe ich mir gedacht: “Scheiß drauf, dann halt alleine!”

In Bangkok angekommen traf ich mich mit einem Freund aus der Schulzeit, der lange Zeit in Thailand verbracht hat. Wir waren am ersten Abend direkt mit ein paar seiner Freunde auf der Piste, wodurch ich direkt Anschluss bekam und es mir scheißegal war, dass ich alleine losgezogen bin. Im Nachhinein war es das Beste, was passieren konnte.

Nach ein paar Tagen auf Achse in Bangkok (BKK) mit der Crew, entschloss ich mich, in den Norden zu reisen. Über Chiang Mai weiter nach Pai, um dort im Charn Chai Muay Thai Gym, unter Leitung des ehemaligen Lumpinee Champions Bee, an meinen Muay Thai Skills zu arbeiten.

Dummerweise nahm ich den beschissensten Zug aus Bangkok nach Chiang Mai und zwar den um 12 Uhr mittags. Diesen Zug solltest du auf jeden Fall meiden, da die Landschaft entlang der Strecke nicht so sehenswert ist, auf jeden Fall jene, die man noch sieht, bevor es dunkel wird. Ich empfehle dir den Nachtzug zu nehmen, dieser ist weitaus angenehmer.

Im Zug waren alle Fenster offen, die Ventilatoren liefen die kompletten 18 Stunden während der Fahrt. In Chiang Mai angekommen fühlte ich mich schon sterbenskrank. Also erstmal ab ins Hotel. Es hatte mich echt ganz gut erwischt, eine ordentliche Erkältung hatte ich mir eingefangen. Und da kam sie wieder die Einsamkeit, alleine im Hotel, erkältet ans Bett gefesselt und weit weg von zu Hause. Es war echt ein wenig deprimierend.

Aber Gott sei Dank ging ich zu Cooking Love, die Besitzerin, habe den Namen leider vergessen, hat mir direkt angesehen, dass es mir nicht gut geht und sich meiner angenommen. Für die nächsten drei Tage war dies mein „Place To Be“ und dank der Geheimmischungen des Kochs, war ich ruck zuck wieder fit, um nach Pai durchzustarten. Auf diesem Weg nochmals vielen Dank für die Pflege !!!

Hier mal ein kleiner Eindruck vom fabelhaften, authentischen Thaifood bei Cooking Love.

Thai food bei Cooking Love in Chiang Mai Thailand

 

Mit dem Minibus ging es von Chiang Mai nach Pai, eine dreistündige Reise durch die Berge Nordthailands, eine wirklich atemberaubende Landschaft.

Falls du auf deiner Reise den selben Trip planst, empfehle ich dir in Chiang Mai ein Moped zu mieten und die Strecke auf eigene Faust zu befahren. Wenn dir grüne Berge und Urwald gefallen gibt es dort tausende Dinge für dich zu entdecken. Es besteht die Möglichkeit, ein Moped in Chiang Mai anzumieten und es dann bei der Ankunft in Pai abzugeben. Nutze dafür am besten AYA-Service Rentals, für 100 Baht (ca. 2,20 €) am Tag bekommst du da ein 100ccm Moped, mit dem du problemlos alle Berge bewältigen kannst.

In Pai angekommen, wurde ich direkt von Trainer Yo mit dem Moped abgeholt. Das Gym befindet sich am Ortsrand, sodass man locker zu Fuß alle Bars, Restaurants und Geschäfte erreichen kann. Es lief alles wie am Schnürchen, ich konnte direkt ein Bungalow am Gym beziehen und mich einrichten. Am nächsten Morgen um acht Uhr sollte das Training mit einem Lauf zum Bergtempel beginnen, ich war gespannt.

Also stand ich am nächsten Morgen um kurz vor acht vorm Gym um loszulegen und entgegen aller meiner Vorurteile waren alle pünktlich anwesend, um zu starten. Disziplin ist ein Muss, ohne geht es nicht!

Mit dem Cheftrainer Bee, der uns mit seinem Moped verfolgte, ging es los Richtung Tempel. Immer wenn es ihm den Anschein machte, dass jemand zu langsam war, setzte es einen Stockhieb auf den Hintern. Um unser Ziel zu erreichen mussten wir ca. 4km laufen und dann nochmals 300 Stufen hinauf zum Tempel und dann wieder zurück. Danach begann  das eigentliche Training.

Nach den Einheiten gab es immer eine gemeinsame Mahlzeit, die von den meisten Schülern angenommen wurde. Das gleiche Prozedere gab es dann nochmal nachmittags, nur ohne den Tempelrun. So sollten meine nächsten Wochen aussehen, ich war völlig zufrieden mit Training, Unterkunft, Essen und mit den Menschen, die mich umgaben.

Buddha Figur am Tempel in Pai Nordthailand

 

Die nächsten Tage verliefen fast so wie ich mir meinen perfekten Tag vorstelle: Aufstehen, Frühsport, Essen, ein Stündchen in der Hängematte ausruhen, mit dem Moped die Gegend erkunden, gut essen, nochmal aufs Maul hauen, Abendessen und paar Drinks mit den Boxern. Ab und zu ist das auch mal in Tanz-Battles ausgeartet, besonders an Heilig Abend 2013.

Ich fühlte mich auf einmal wieder rund herum wohl, in einem kleinen Ort in den Bergen Nordthailands, der aber doch sehr gut entwickelt ist. Allein die wunderschöne Landschaft und Atmosphäre dort reicht vielen Reisenden schon aus, um längere Zeit in Pai zu bleiben. Auch ich selbst wünschte mir, dass ich länger dort hätte bleiben können, um vielleicht so viel zu lernen, dass ich auch in der Lage gewesen wäre, einen Muay Thai Kampf in Thailand machen zu können.

Aber leider waren irgendwann die Tage gezählt.  Ich habe mir fest vorgenommen zum Charn Chai Gym zurück zu kehren und dort zu kämpfen.

Training im Charn Chai Muay Thai Gym in Pai Thailand

 

Berglandschaft bei Pai in Nordthailand in der Nähe des goldenen Dreiecks

 

Dann ging es wieder zurück nach Bangkok, um einen Tag vor Silvester meinen Flieger Richtung Frankfurt zu bekommen. Am letzten Tag in BKK war ich nochmals mit der CREW vom Anfang unterwegs, bzw. war die ganze Familie mit dabei. Es ging zu einer Garnelenfarm, ca. eine Stunde außerhalb der Stadt, dort war ich auf einmal der einzige Ausländer und niemand sprach mehr wirklich Englisch, aber das war alles völlig unproblematisch.

Eine Tante schälte die ganze Zeit Riesengarnelen für mich, während mein Kumpel innerhalb von 15 min. zwei große Teller mit Muscheln in sich rein schob. Bei dieser Völlerei waren wir zu zwölft, es gab Hummer, Riesengarnelen, Fisch in allen Variationen, Krabben, Muscheln, und und und … Das alles zusammen, für alle Personen hat insgesamt ca. 75 Euro gekostet, schon krass oder?

K.A. was man in Deutschland für einen Hummer bezahlt, aber ich schätze mal, da ist man mal schnell mit 50€ dabei.

Als wäre diese Völlerei nicht genug gewesen, ging es nun noch zu einem weiteren Onkel aufs Land zum Grillen. Dort saßen wir dann in seiner Schlosserei, die auch seine Wohnung war, und aßen und tranken schon wieder gemeinsam, die Thais ihren Whiskey, ich blieb bei Singha Bier, ich musste ja noch zum Flughafen.
Da saß ich nun, und mir dämmerte so der Gedanke…

Dir haben die letzten Wochen so gut getan, hartes Training, gute Menschen, tolle Erfahrungen, warum kann dass nicht so weiter gehen? Mir wurde klar, was ich will, ich will

REISEN, KÄMPFEN, LEBEN

Aber ich hatte ja noch mein 0- 8-15 Leben mit 9 to 5 Job und wie sich das alles schimpft… Mir wurde klar, dass ich leben will, ich hatte keine Frau, keine Kinder, keine Schulden, also frei von jeglichen Verpflichtungen. Im Grunde war das Einzige, was mich zurück hielt meine Arbeit und mein Studium.

Im Frühjahr 2014 hab ich immer mehr mit dem Gedanken gespielt auf Langzeitreise zu gehen und dabei meiner Leidenschaft nach zu gehen, dem Kampfsport. Ich fing an, mich mehr und mehr durch Reiseblogs durchzulesen und brannte schließlich für den Gedanken über meine Erfahrungen schreiben und berichten zu wollen.

Im Mai 2014 wurde ich dann von einer Muse geküsst. Ich traf die erste Person, die nicht behauptete ich sei verrückt, sondern die klipp und klar sagte: “Kündige deinen Job, aber mach es richtig!” Dies nahm ich mir zu Herzen.

Den Master wollte ich noch beenden und dann in den Sack hauen, mit Glanz und Gloria, um mich dann vollkommen
“A Warrior‘s Journey” zu widmen und auf große Tour zu gehen.

Der Plan sieht vor, dass es am 20.07.2015 losgeht, also ist alles absehbar. Dich wird einiges erwarten! Also bleib dran, folge mir, es wird spannend. Ich melde mich auf jeden Fall wieder bei dir!

 

Wenn du noch weitere Fragen oder Anregungen hast, dann kannst du mir gerne weiter unten ein Kommentar hinterlassen. Ich werde dir so schnell wie möglich antworten!

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