Als ich nach meiner Reise in Tibet auf dem Weg Richtung Südostasien war, passierte ich natürlich das Reich der Mitte… China. Für viele Menschen ist China Inbegriff für Kampfkunst, was wohl vor allem an den chinesisch stämmigen Martial Arts Stars wie z.B. Bruce Lee, Jackie Chan oder Jet Lee liegt.
Aber auch abseits der Filmindustrie hat Kampfkunst und vor allem Kung Fu eine sehr lange Tradition in China und wird immer noch praktiziert. Wahrscheinlich kennst auch du die weltberühmten Mönche des Shaolin Klosters, welche für ihre unglaubliche Körperbeherrschung weltbekannt sind.
Natürlich wollte ich selbst auch Kung Fu trainieren, wenn ich schon einmal in China bin. Wenn du mehr über die verschiedenen Möglichkeiten für Kung Fu Training in China wissen möchtest, dann findest du hier den passenden Artikel.
Da ich in China leider nicht wirklich viel Zeit hatte, entschied ich mich dagegen, ein Kloster aufzusuchen. Aber ein Kloster ist nur eine Möglichkeit, denn normalerweise wird Kung Fu in China vom Vater an den Sohn oder die Tochter weitergegeben, gerade in den ländlichen Gebieten. So wollte ich es auch und entschied mich dazu, einen Kung Fu Homestay bei Dingyi zu machen.
Dingyi ist Kung Fu Meister. Er lernte verschiedenste Richtungen des Kung Fu und hat für sich selbst, die wichtigen Dinge herausgenommen und damit seinen eigenen Stil, den „Sh Shing Kung Fu“ kreiert. Sh Sing bedeutet so viel wie „Der rechte Weg des Herzens“ und auf diese Lehre legt Dingyi sehr viel wert. Man lernt am besten mit dem Herzen, indem man in sich hinein schaut und sich selbst fühlt.
Das Ganze beschreibt Dingyi als „xin fa“. Xin Fa ist sehr schwer zu übersetzen, aber bildlich kannst du dir es vielleicht folgendermaßen vorstellen.
Es wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass man sich im Training selbst kontrolliert und verbessert, dass man sich stetig fragt, ist das jetzt richtig was ich tue oder kann ich etwas verbessern… nutze ich mein „Xin Fa“?
Ich hatte vorher noch nie Kung Fu trainiert, aber schnell habe ich die Parallelen zum Yoga ausfindig machen können. Kung Fu stammt einst vom Yoga ab, beides sind letztendlich Gesundheitsleeren und nicht, wie man es oft beim Kung Fu vermutet, reine Kampfkunst.
Der Unterschied ist in jedem Fall, dass beim Yoga der Körper nur auf eine weiche Art und Weise beansprucht wird, d.h. der „Yin“ Anteil wird größtenteils gefordert. Anders ist es zum Beispiel bei einer Kampfsportart, wie dem „Muay Thai“, in der der Körper auf sehr harte Art und Weise trainiert wird. Hier gewinnt der „Yang“ Anteil die Überhand.
Ein Ziel, gerade im taoistischen Kung Fu, ist es die Balance zwischen Yin und Yang herzustellen. Zwischen Hart und Weich, Kalt und Warm, passiv und aktiv, etc. …
Für mich persönlich war dies wie eine Offenbarung, da ich stetig auf der Suche nach Verbindungen bin. Körper und Geist sind unzertrennlich, aber was ist die Verbindung? In der Philosophie des Yogas ist es der Atem. Wie bekomme ich eine Balance in meine Körper hin, wenn ich wenn ich nur weich trainiere oder nur hart? Genau… Ausgleich, Balance, Yin und Yang. Du musst beides praktizieren und den Weg der Verbindung finden und ich denke Kung Fu ist ein richtiger Weg, um Körper und Geist im Gleichgewicht zu halten.
Aber genug zur Philosophie, wie sah denn der Alltag im Kung Fu Homestay bei Dingyi eigentlich aus? Dazu schaue dir am besten mein Video auf Youtube an.
Mein Tagesablauf war etwa wie folgt:
7.30 Uhr: Aufstehen, waschen, Zähneputzen, etc.
7.45 Uhr: Yoga und Meditation
8:45: Frühstück
9:30: Training am Morgen
- Aufwärmen der Gelenke
- Dehnen
- Kung Fu Standtechniken
- Kung Fu Bewegungsabläufe (Dansi), vergleichbar mit Kata
- Qigong (Energie aktivieren)
- Neygong (Energie einsetzen)
12:00: Mittagessen
12.30: Mittagsruhe
13:30: Lehren niederschreiben
15:30: Training am Nachmittag
- Aufwärmen der Gelenke
- Dehnen
- Kung Fu Standtechniken
- Kung Fu Bewegungsabläufe (Dansi), vergleichbar mit Kata
- Qigong (Energie aktivieren)
- Neygong (Energie einsetzen)
18:00: Die Kinder belustigen
18:45: Abendessen
19:30: Kartenspielen oder am PC arbeiten
22:00: Schlafen
Hier findest du das Fotoalbum zu meinem Kung Fu Homestay
So sah mein Tagesablauf für eine Woche im Kung Fu Homestay bei Dingyi aus. Trotz dieser kurzen Zeit konnte mein Meister mir zeigen, wo meine Schwächen liegen und auf was ich in Zukunft achten muss, wenn ich meinen Weg weiter gehe. Ganz wichtig… ich muss auf mein „Xin Fa“ achten.
Wenn auch du jetzt Bock hast, in China Kung Fu zu trainieren, dir meine Bilder und meine Erzählungen gefallen, dann findest du hier Dingyis Kontakt. Er spricht ziemlich gut Englisch und ist auch schnell im Beantworten deiner E-Mails.
Man trainiert zusammen, isst zusammen und lebt zusammen. Du wirst ein Teil seiner Familie. Gerade dies hat mir sehr gut gefallen und ich werde ihn wieder besuchen, soviel steht fest.
Anreise:
Die Anreise ist etwas langwierig, aber es lohnt sich. Dafür bist du weit ab von chinesischen Großstädten und ekelhaften Hochhäusern. Das Essen dort ist komplett organisch und selbst bewirtschaftet, ein weiterer Vorteil des Homestays.
Zunächst musst du in die Hauptstadt der chinesischen Provinz Yunnan, nach Kunming. In Kunming musst du dann zu Northern Bus Station, dafür kannst du die U-Bahn verwenden, z.B. vom Hauptbahnhof. Am Busbahnhof angekommen gehst du zum Ticket Schalter und kaufst ein Ticket nach 石咀 (ausgespr. Shi Zui) und lässt dich von jemandem zum Bus bringen, da wahrscheinlich niemand englisch spricht.
Der Bus nach Shi Zui braucht etwa 4-5 Stunden und der Ort ist die Endstation, also nicht zu verpassen. Dort wird dich Dingyi bei deiner Ankunft empfangen.
Ich habe in der kurzen Zeit viel über mich und meinen Körper lernen können und mir wurde gezeigt, was zu beachten ist, auf dem Weg, den ich gehe. Da du höchstwahrscheinlich Personal Training erhältst, kann sich Dingyi komplett auf dich einstellen und das Beste aus dir rausholen.
Für mich war es eine sehr gute Zeit dort, in der der chinesischen Einöde. Intensiv und sehr lehrreich. Ich kann es dir definitiv weiter empfehlen, wenn du dich für Kung Fu und chinesisches Leben interessierst.
Welche Erfahrungen hast du im Kung Fu? Lass es uns in den Kommentaren wissen?
Wenn du noch weitere Fragen oder Anregungen hast, dann kannst du mir gerne weiter unten ein Kommentar hinterlassen. Ich werde dir so schnell wie möglich antworten!
Hi Christoph,
Sehr cooler Bericht. Auch ich habe einige Zeit Kung Fu gelernt und die von Dir beschriebene Erfahrung reizt mich ungemein.
Wobei die Sache mit dem Kloster halt doch das Erlebnis ist, das man sich vorstellt. 😉
Viele Grüße
Jahn
Oh, das sieht ja toll aus! Ich wusste gar nicht, dass es solche Homestays gibt. Irgendwie reizt mich das mehr als ein Kloster, denn ich finde es toll, ein Teil der Familie zu werden. Wie ging es denn sprachlich?