Als ich meine Reiseroute vorab grob plante, stand ziemlich schnell fest, dass ich auch den Iran bereisen wollte, da ich über dieses Land und die Menschen dort sehr viel Positives gehört habe, es sehr abwechslungsreich ist und noch nicht so überlaufen wie andere Reiseziele.

Vorab habe ich natürlich auch die eine oder andere Recherche bzgl. iranischer Kampfkünste gestartet, bin aber dann recht schnell immer wieder bei verschiedenen Ringerarten gelandet.

Das Ringen ist im Iran, sowie im ganzen Nahen Osten und Zentralasien sehr weit verbreitet und es gibt eine ganze Handvoll verschiedener Stile. Das Ringen zählt im Iran als der Volkssport überhaupt.

Da ich mich allerdings in der Türkei schon mit dem Ringen (Güres) beschäftigt habe, wollte ich für den Iran etwas anderes finden.

Ich dachte mir, der Iran und das alte persische Reich ist der Ursprung der Zivilisation, die erste Supermacht dieser Erde mit einer langen Geschichte und vielen geschlagenen Schlachten, es muss doch mit Sicherheit eine Vereinigung geben, die sich mit den historischen, persischen Kampfkünsten beschäftigt.

Nach einiger Forschungsarbeit wurde ich dann auch fündig. Razmafzar, pers. für „Waffen für den Krieg“, ist ein Forschungsprojekt sowie eine Kampfkunstvereinigung unter Dr. Manouchehr Moshtagh Khorasani.

razmafzar

Etwas verwundert war ich allerdings, als ich herausfand, dass das Hauptquartier nicht im Iran ist, sondern in meiner Heimat im Rhein-Main Gebiet.

Allerdings war es mein Anliegen, diese Kampfkunst an ihrem Ursprungsort im Iran zu trainieren. Mit der Hilfe von Dr. Khorasani wurde mir dann ein Kontakt zu Ziya Majidi, dem Vertreter für Razmafzar im Iran, hergestellt. Mit ihm vereinbarte ich dann einen Termin, Ende November 2015, in Teheran, um in die traditionellen Kampftechniken der Perser zu erlernen.

Bei Razmafzar handelt es sich um die historische Art des Kampfes, die durch die persischen Armeen im Laufe der Geschichte angewendet wurde. Durch die Rekonstruktion aus Überlieferungen und Manuskripten wurden diese alten Techniken wieder in die Praxis umgesetzt und werden nun als Kampfkunst praktiziert.

Die Kampfkunst beschäftigt sich mit Waffentechniken, unbewaffnetem Kampf und dem moralischen Kodex, welcher bei den persischen Kriegern Anwendung fand. Diese Techniken, welche nun wieder praktiziert werden, reichen vom antiken Iran (ab ca. 550 v. Chr), bis zum Ende der Qajar Dynastie (1925).

Die untergeordneten Kampfkünste von Razmafzar umfassen derzeit ca. 720 Techniken, welche den bewaffneten und unbewaffneten Kampf enthalten. Aber u. a. auch Reittechniken wie dem Bogenschießen oder dem Lanzenkampf vom Pferd.

Das Forschungsteam um Dr. Khorasani arbeitet immer noch an einigen persischen Manuskripten zu den historischen Kampftechniken, somit ist für die Zukunft zu erwarten, dass noch viele neue Techniken entdeckt und umgesetzt werden.

Bisher besteht das Razmafzar Training aus folgenden Unterkategorien der Kampfkunst:

Der Schwertkampf

Beim Schwertkampf in Razmafzar wird zum einen der persische Säbel, der Samšir und ein rundes Schild aus Stahl oder gehärtetem Leder, dem Separ, verwendet. Der Säbel hat eine gebogene Klinge und wird im Gegensatz zu den historischen, europäischen Schwertern nur einarmig geführt.

Mit dem Samšir werden Schnitte, Stiche sowie offensive und defensive Aktionen mit dem Klingenrücken ausgeführt. Das Separ wird dabei offensiv zum Angriff und defensiv für die Verteidigung genutzt.

säbel

Das Kriegsringen

Wie bereits erwähnt, spielt das Ringen im Iran eine sehr große Rolle. Dies ist u. a. historisch bedingt. Denn den Persern liegt das Ringen einfach im Blut. Wenn wir als Westeuropäer in eine Schlägerei geraten, versuchen wir uns naturgemäß mit den Fäusten zu wehren. Der Iraner würde aus dem Instinkt heraus versuchen seinen Gegner zu Boden zu ringen.

Manuskripte und Überlieferungen besagen, dass persische Krieger immer hervorragende Ringer waren und in Kombination aus Waffentechniken, dem Ringen und ihrer Rüstung den gegnerischen Armeen oft das Fürchten lehrten.

Das Kriegsringen ist mit dem Schwertkampf das Herz von Razmafzar und bildet die Basis. Es wird mit Gi (Kampfanzug) und ohne Gi durchgeführt. Es beinhaltet neben den Ringertechniken wie Würfe, Takedowns, Hebel- und Würgetechniken, sowie dem Bodenkampf auch Elemente des Free Fights wie z.B. Schläge, Tritte, Ellenbogen- und Knietechniken und geht somit stark in die Richtung von Allkampfstilen wie M.M.A., Vale Tudo oder Pankration.

ringen

Speerkampf

In vielen Kulturen wurden Speere und Lanzen aufgrund ihrer Reichweite auf den Schlachtfeldern eingesetzt. So z. B. auch bei uns in Europa die Hellebarde. Sie waren effektiv und leicht zu erlernen. In Persien gab es verschiedene Arten von Speeren, die sich vor allem in der Klinge und der Länge unterschieden. Der Schaft war meist aus Hartholz gefertigt und die Klinge aus bestem Damast-Stahl.

Der Speerkampf wird auch heute innerhalb des Razmafzar Trainings praktiziert. Elemente des Kampfes mit dem Speer sind Stiche, Schnitte sowie Verteidigung und Angriff mit dem Speerschaft.

speer

Streitkolben und Streitaxt

Um die Rüstungen der Gegner zu durchbrechen, trugen die persischen Soldaten Streitkolben und –Äxte mit sich. Diese Waffen werden am Boden sowie zu Ross verwendet und waren in den Armeen bis in die Qajar Dynastie in Gebrauch.
Die Techniken, die angewendet werden entsprechen zum großen Teil der des persischen Schwertkampfes, mit gewissen Abwandlungen.

Die Äxte besitzen eine Schneide, einen Stoßdorn und ein Hammerkopf, was die Streitaxt zu einer vielfältigen und tödlichen Waffe macht.

Mit dem Streitkolben wurden vor allem wuchtige Schläge ausgeführt, manche Kolben waren auch mit Dornen besetzt.

axt

Der Dolch

Dolche und Messer wurden vornehmlich dazu verwendet einen überwältigten Gegner am Boden zu töten und den Kampf zu beenden. Wenn im Kampf die verwendete Hauptwaffe zu Bruch ging, wurde auf das Ringen und den Dolch in Kombination ausgewichen und in den Nahkampf gewechselt. Dort wurde der Dolch genutzt, um die Lücken in der Rüstung zu durchstoßen.

Die persischen Messer und Dolche werden in drei Kategorien unterschieden.

  • Dem Panzerstecher (kārd)
  • Der Krummdolch (xanjar)
  • Schlanker Dolch mit S-förmiger Klinge (pišqabz)

Im Razmafzar wird der Gebrauch des Dolches in Kombination mit Schild und Säbel trainiert, aber auch zusammen mit dem Ringen und Bodenkampf.

dolch

Qame und Qaddäre

Bei der Qame und Qaddäre handelt es sich um zwei Kurzschwerter, die in der Größe etwa vergleichbar mit dem in Europa vorkommenden „langen Messer“ sind.

Die Qame ist zweischneidig und gerade. Die Qaddäre wird zur Spitze hin breiter und ist einschneidig.
Es handelt sich bei den Kurzschwertern um Duellwaffen, d. h. sie werden ohne Schild und Rüstung verwendet. Es gibt dennoch Parallelen mit den Schlachtfeldtechniken, jedoch wird mit den Kurzschwertern schneller und leichtfüßiger gekämpft.

Im Angriff werden schnelle und kräftige Schnitte angewendet, in der Verteidigung wird meist auf Meidebewegungen anstatt Paraden zurückgegriffen.

qaddäre Qame

Bogenschießen

Die persischen Bogenschützen waren durch ihre Fähigkeiten in der Geschichte immer sehr gefürchtet.
Die Legende behauptet, dass der Bogenschütze Aras einen Pfeil vom Kaspischen Meer 2500 km weit bis in die Steppe Zentralasiens schoss und damit die Grenze des persischen Reiches gegenüber den Turkvölkern bestimmte.

Die Perser verwendeten Kompositbögen von kleiner Größe. Je Arm hat der persische Bogen zwei Kurven, was ihm große Zugkraft bei kleiner Größe verschafft.

bogen

Berittener Kampf

Razmafzar behandelt auch den berittenen Kampf, vor allem mit dem Bogen und der Lanze, aber auch mit dem Säbel und anderen Waffen.

Berittene Kämpfer bildeten immer einen unverzichtbaren Teil der persischen Armee. So gehörte das Reiten, neben dem Ringen und dem Polo-Spiel zu den Pflichtübungen der Krieger.

Der berittene Kampf, sowie das Bogenschießen vom Pferd sind wie gesagt Teil der Ausbildung in Razmafzar, bedingen aber eine umfangreiche Erfahrung der Grunddisziplinen sowie gute Reitkenntnisse. Daher wird der berittene Kampf in späteren Trainingsstufen gelehrt.

bogenschießen vom pferd

Leider konnte ich in meiner Zeit im Iran nicht alle Bestandteile von Razmafzar praktizieren, da einfach nicht genügend Zeit vorhanden war. Daher habe ich mich mit Ziya während meines Aufenthalts in Teheran auf den Schwertkampf, das Bogenschießen und den berittenen Kampf mit dem Bogen konzentriert.

Ziya konnte mir allerdings sehr gut vermitteln, das Razmafzar eine sehr vielfältige Kampfkunst ist, mit zahlreichen Möglichkeiten im bewaffneten- und unbewaffneten Kampf, was die ganze Sache für mich sehr interessant gemacht hat und ich für die Zukunft plane das Razmafzar Training wieder aufzunehmen, da das Hauptquartier, wie bereits am Anfang erwähnt, in der Nähe meiner Heimat ist.

Wenn auch du Interesse an dieser unglaublich abwechslungsreichen und anspruchsvollen Kampfkunst bekommen hast, gibt es die Möglichkeit während deines Aufenthalts im Iran Razmafzar zu trainieren, für weitere Informationen dazu kannst du mich direkt unter info@warriors-journey.com anschreiben.

Du musst allerdings gar nicht so weit reisen, wenn du denkst, dass Razmafzar für dich als Kampfkunst in Frage kommt. Es gibt auch andere Orte, an denen du diesen historischen Sport betreiben kannst.

Hauptquartier Rhein-Main Gebiet

Unter dem Gründer von Razmafzar, Dr. Manouchehr Moshtagh Khorasani, findet das Training an folgenden Standorten statt:

Dorfgemeinschaftshaus Mammolshain
Berggasse 4
61462 Mammolshain

Mittwochs von 19.00 – 22:00 Uhr

Noruken-Kendo-Dojo
Gartenstraße 4
63128 Dietzenbach

Donnerstags von 19:00 – 22:00 Uhr

Wenn du gerne das Training besuchen möchtest solltest du dich vorher unter info@razmafzar.com oder andreaduka@razmafzar.com für einen gewissen Termin anmelden.

Abschließend möchte ich mich gerne bei Dr. Manouchehr Moshtagh Khorasani und Andrea Duka für ihre Hilfe beim Herstellen eines Kontaktes im Iran bedanken und meine Bewunderung für die Forschungsarbeiten um Razmafzar und die persische Kultur aussprechen.

Des Weiteren gilt mein Dank ganz besonders Herrn Ziya Majidi, der mein Training in Teheran geleitet hat und mir damit einen einwandfreien Einblick in die persische Geschichte, sowie die alte Kampfkunst des Irans ermöglichen konnte.

ziya

Ich kann dir nur ans Herz legen den Iran zu bereisen und während deines Aufenthalts die traditionellen oder auch modernen Kampfkünste zu praktizieren. Die Menschen dieses Landes werden dich mit offenen Armen empfangen und dir mir großer Freude, ihre bedeutende und beeindruckende Tradition zeigen.

Die Bilder zu meinem Razmafzar Training findest du hier…

Wenn du noch weitere Fragen oder Anregungen hast, dann kannst du mir gerne weiter unten ein Kommentar hinterlassen. Ich werde dir so schnell wie möglich antworten!

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Quellen: Dr. Manouchehr Moshtagh Khorasani, Fields of Razmafzar