Wie du vielleicht mitbekommen hast, hat es schon eine Ewigkeit keinen Artikel zum Reisen mehr gegeben. Heute erfährst du, warum ich damit abgeschlossen habe.
Seit Kurzem habe ich mich wieder an einem Ort niedergelassen und das Nomadenleben hinter mir gelassen. Endlich mal wieder meine Tasche und meinen Rucksack ausgepackt und ein Apartment bezogen, was für die nächsten Monate (wahrscheinlich bis Weihnachten) mein zu Hause sein wird.
Meine Reise, zur Erforschung weltweiter Kampfkünste, begann Ende Juli 2015 und führte mich in insgesamt 16 Länder. Von Deutschland über Südosteuropa und den Mittleren Osten bis nach Sri Lanka. Von dort ging es für kurze Zeit nach Hause, bevor die zweite Tour startete, die in Nepal begann und mich über Tibet und China nach Südostasien führte.
Kein Plan wie viel Kilometer ich zurück gelegt habe, wie viel Kohle ich ausgegeben habe, wie viel Sonnenuntergänge ich bestaunt habe, an wie vielen Stränden ich geschwommen bin, wie viele Berge ich bestiegen habe oder wie viele Menschen ich kennengelernt habe. Sicher ist nur, dass ich viele besondere Orte und Menschen auf meiner Reise besuchte oder kennengelernte.
Ich weiß allerdings mittlerweile ziemlich genau, dass mein Drang nach Reisen mehr als gestillt ist und dass ich es in diesem Ausmaß, wie bisher nicht mehr brauche und auch nicht mehr möchte. Das Ganze hat mehrere Gründe und ein Paar möchte ich mal in diesem Artikel loswerden.
Ständiges Reisen macht gleichgültig
Am Anfang meiner beiden Trips war ich voll bei der Sache… Ab ins Abenteuer, so viel wie möglich davon festhalten und mit der Welt teilen. Nach und nach verlas mich aber dieses Gefühl, ich machte kaum noch Fotos oder Videos. Auch mein Interesse die neuen Orte zu erkunden ließ nach.
Während meines ersten Trips begann dieses Gefühl, als ich in der Türkei war. Nach ca. dreieinhalb Monaten meiner Reise. Deshalb entschied ich mich dann auch für längere Zeit nach Sri Lanka zu gehen und mich dort an einem Ort niederzulassen. Ich verbrachte dort insgesamt fünf Monate.
Als ich dann drei Monate zu Hause in Deutschland war, wuchs allerdings wieder das Verlangen auszureisen und mich auf die Suche nach einem Meister zu begeben, der mich zum einen Kampfkunst lehrt, aber der auch einen besseren Menschen aus mir macht.
Im August 2016 ging es los und es dauerte bis Ende November, bis ich ihn traf und dann nochmal zwei Monate bis ich mich in seiner Schule, Muay Thai Sangha niederließ und ich muss dir sagen, es tat so gut einfach anzukommen. Kein Bock mehr auf ständigen Ortswechsel und „neue Abenteuer“, die am Ende doch fast alle gleich sind.
Tiefgehende Freundschaften sind viel cooler, als viele Bekanntschaften
Wenn man unterwegs ist, lernt man ständig neue Menschen kennen. Man verbringt ein wenig Zeit miteinander und dann geht jeder wieder seiner Wege. Das ist auf der einen Seite zwar ganz gut so, da die meisten Menschen, speziell Reisende die man unterwegs kennenlernt, einfach behindert sind.
Hier und da ist aber doch jemand dabei, den man richtig cool findet und mit dem man sich echt gut versteht, da fällt die Trennung natürlich schwerer. Ich spreche hier explizit von Männerfreundschaften… wer braucht schon Frauen.
Wenn du dich aber länger an einem Ort aufhältst, dann wirst du genauer ausloten, mit wem du deine Zeit verbringen willst und mit wem es sich auch lohnt. Es entstehen echte Freundschaften und nicht nur so ein oberflächlicher Scheiß, bei dem die Gespräche meistens nur darum gehen „Wo warst du schon, wo willst du noch hin“.
Diese Klischee Backpacker gehen mir echt auf den Sack
Von Deutschland bis hin in die Westtürkei waren es vor allem Gruppen von 18-22 jährigen Amerikanern, Australiern oder Engländern, von denen ich am liebsten einen nach dem andren abgeschmiert hätte. Mir kam es so vor, dass eine Sauftour durch Europa das neue Statussymbol der Jugend ist. Diese Klientel tritt immer in Horden auf und ist grundsätzlich so besoffen, das es einfach nur abfuckt.
Im mittleren Osten war man eigentlich ziemlich sicher vor Klischee Backpackern. In Sri Lanka traf ich vereinzelt welche, aber dort hatte ich eher mit der Dorfbevölkerung zu kämpfen, woran ich aber eher gewachsen bin.
In den letzten Monaten in Thailand war es natürlich wieder krass. Gerade in Orten wie Pai, Chiang Mai oder Koh Phangan, wo sich die Elite der Säuböcke aufhält, kommt mir manchmal echt der Mock hoch. Elefantenhosen, Singha Shirts, Dreadlocks oder Oberkörper frei in der Stadt sind ja schon so eine Sache, aber das typische Verhalten dieser Individualreisenden geht mir tierisch auf die Nüsse.
Foto Credit: Flickr
Der Lonely Planet ist das Manifest und daran wird nicht gerüttelt. Jeder erlebt eigentlich das Gleiche und die Gespräche gehen meist darum, wer wo wie viel bezahlt hat. Unter den Reisenden ist das ein richtiges Battle.
Natürlich will man nicht verarscht werden, aber wenn ich mich doch in einem Land aufhalte, in dem die Kosten eh schon niedrig sind, dann finde ich es ein bisschen arm, dass ständig und überall die Kosten gedrückt werden müssen. Gönnt den Menschen hier doch auch mal etwas. (Wenn man in Nepal für eine neue Yogamatte 4 € bezahlt, muss man dann den armen Mann noch runter handeln?)
Warum gehe ich nicht zurück nach Hause, wenn das Reisen so scheiße ist?
So einfach ist es halt nicht. Reisen hat mich da hin gebracht, wo ich jetzt bin. Es hat meinen Horizont unglaublich erweitert, mich um einiges geduldiger und toleranter gemacht.
Zudem habe ich gefunden, wonach ich gesucht habe, einen wahren Meister, der mich aufgenommen hat, um mich zu unterrichten, in einer Kampfkunst die ich für extrem effektiv und wunderschön halte. Muay Thai Sangha besteht aus den effektivsten Techniken des Muay Thai, Muay Chaiya und Krabi Krabong. Das Ganze wird mit Silat für den Bodenkampf ergänzt. Für mich eine runde Sache.
Des Weiteren möchte ich meine Wettkampf Erfahrung im Muay Thai ausbauen. Dazu werde ich mich immer mal wieder für mehrere Wochen im wunderschönen Sitjemam Gym aufhalten, da ich dort das Gefühl habe, in guten Händen zu sein, bei sehr erfahrenen Sportlern und Trainern.
Mein Ziel und mein Verlangen ist es, mir Wissen anzueignen. Kämpferisch, als auch menschlich. Dieses Wissen, möchte ich dann eines Tages mit nach Hause nehmen. Dort wo ich herkomme, dort wo meine Familie und meine Freunde sind, um all dieses Wissen, welches bei uns ziemlich in Vergessenheit geraten ist, zu teilen. Natürlich möchte ich auch etwas zurück geben, aber dazu demnächst mehr.
Dies wird noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen, vielleicht ein bis zwei Jahre, vielleicht auch etwas länger. Aber der Fokus liegt auf Bildung im Bereich Kampfkunst, Yoga und der Verbindung zwischen Kampf und innerem Frieden. Dafür wird mit Sicherheit auch in Zukunft noch die eine oder andere Reise anstehen, aber vom „Backpacking“ habe ich definitiv genug. Da bin ich raus!
Trotzdem vielen Dank an all die Menschen, die mir während dieser eineinhalb Jahre beigestanden und geholfen haben und natürlich an all die Schutzengeln, die mich vor dem ganzen Bösen in der Welt beschützt haben. Ich trinke auf euch! Frieden!
Der post hat mich zum lachen gebracht Christoph! So ist das eben, geht glaube ich allen so, die lange unterwegs sind, irgendwann wird’s einfach nur noch oberflaechlich und aetzend. Genauso geht’s uns auch, deshalb sehen wir uns jetzt als digital nomads mit ‚wechselndem festem Wohnsitz‘. Viel Glueck bei der inneren Reise, denn darum geht’s ja eigentlich!
Gude Kerstin. Schön das du lachen konnest, man sollte auch nicht alles so 100% ernst nehmen, wie ich es in dem Artikel beschrieben habe. Ich hoffe bei euch läuft alles gut. Gruß aus Thailand
Wow! Was für ein leidenschaftlicher Bericht! In manchem möchte ich dir zustimmen. Auch ich habe gespürt, wie langsam alles gleich aussieht. Und die ewigen Backpacker-Smalltalks gehen wir manchmal ziemlich auf die Nerven. Mit dem Alter nimmt auch meine Sehnsucht zu reisen ab.
Ich wünsche Dir eine glückliche Zukunft!
Ulrike
Mit der Zeit merkt man auch einfach, dass die Welt zu gleich geworden ist, durch die ganzen verfügbaren Medien. Jeder will nur noch gleich aussehen, dasselbe besitzen und die gleichen Dinge machen
Hoi,
ein stück weit kann ich dich verstehen, aber vielleicht solltest du auf deinen reisen auch hier und dort noch etwas mehr toleranz auflesen. jedem sei doch der eigene weg des reisens gestattet und wenn du die typischen backpacker nicht treffen willst, meide sie doch einfach. dem anschein nach weisst du ja, was der lonely planet ist. reise doch einfach gegensätzlich, aber das herziehen über anders reisende finde ich unangebracht. viel spass trotzdem weiterhin und alles gute 😉
Toleranz bedeutet in den meisten Fällen Gleichgültigkeit. Akzeptanz ist wohl eher was du erwartet, aber ich akzeptiere es sicherlich nicht, wenn Menschen sich komplett scheiße benehmen.
Gefällt mir.
Hi Christoph,
bin erst jetzt auf deine Seite gestoßen. Sehr geil zu lesen was du hier schreibst.
Ja als jahrelanger Backpacker muss ich dir hier leider Recht geben.
Das Reisen in z.B. So geile Länder wie Thailand macht seit langem gar kein fun mehr.
Eigentlich sollte Reisen ja bilden und einen erleuchten ,sowie „Neue“ Dinge zeigen.
Doch ist diese Sauf und Spaß Gesellschafft mit ihrem permanenten WLAN Zwang vor Ort immer unnötiger geworden.
Das dadurch die „Eingeborenen “ in den Zielorten so einen schlechten Eindruck von uns Touristen bekommen ist echt traurig.
Ich kann mich noch an ein Schild erinnern am Pier von Ko Tao auf dem stand :
Lasse nichts als deine Fußabdrücke im Sand hier ,denn der Eindruck den du hier lässt wird Auswirkungen auf die nach dir Kommenden haben…
Bin schon lange nicht mehr in Siam unterwegs weil alle nur noch alles billig billig ,poppen oder Saufen/Drogen dort haben wollen.
Vielerorts sind die eigentlich so netten Thais von uns auch komplett abgenervt , so das wir nur noch als Geldbeutel gesehen werden.
Der Lonely Planet war schon immer ein guter Wegweiser, doch seitdem jeder Idiot sich Backpacker schimpft der einen Rucksack hat ,und echte schöne Orte (Einwohner & Umwelt ) mit seiner Art und seinem Benehmen versaut ist es echt traurig geworden damit in Siam zu reisen.
Heute nehme ich den Lonely Planet nur noch wegen der geilen Infos über die Infrastrukturen und um zu wissen um welche Orte ich einen Bogen machen muss.
Seit Mallorca mit den Sauftouristen kurzen Prozess macht ,entwickelt sich Siam in diese Richtung und immer negativer….
Leider war früher doch alles schöner hier ,als man noch Respekt vor seinen Gastgebern hatte und diese nicht als sein Personal sah….
Wahre Worte!!! War letztens noch in einem Hostel in Ayutthaya, welches voll mit deutsche jungen Mädchen war (leider hässliche :D). Es ging in den Gesprächen eigentlich nur darum, Haken hinter Länder zu machen und dass so billg wie möglich. Reisen ist einfach ein weiteres Status Symbol geworden.