Wenn die im Kampfsport die Rede von „Katas“ ist, dann sind damit Formen und Abläufe von Bewegungen gemeint, die Angriffe, Verteidigungen und Gegenangriffe beinhalten.

Die Katas stellen in den meisten Fällen Kämpfe gegen imaginäre Gegner da, ähnlich dem Schattenboxen, nur mit einem fest vorgeschriebenen Bewegungsablauf.

In fast allen traditionellen asiatischen Kampfkünsten sind diese Katas ein Bestandteil, wenn auch unter anderem Namen bekannt.

  • Kata, japanisch 形
  • Taolu, chinesisch 套路
  • Kuen, in einigen südchinesischen Stilen
  • Quyen, vietnamesisch
  • Hyeong, koreanisch

Heutzutage scheiden sich oft die Geister, ob diese Formen und Abläufe einen Sinn und Zweck haben, oder ob es lediglich die Aufrechterhaltung einer Tradition bezweckt.

Ich selbst hatte meine Zweifel gegenüber der Effizienz und dem Zweck von Katas. Deshalb habe ich fünf weitere Kampfkunstexperten zu Thema befragt und es sind unterschiedliche Meinungen dazu heraus gekommen.

Aus der Sicht eines Allkampf Meisters

Vagelis Koutras

Geschäftsführer und Trainer für Pankration und BJJ im Myrmidones Pankration Gym in Lamia, Griechenland.

  • 2. Dan Taekwondo
  • 3. Dan Okinawa Karate
  • 1. Dan Judo
  • 6. Rang Pankratiast
  • Purple Belt Brasilian Jiu Jitsu

Bevor ich im Pankration als Wettkämpfer und Trainer tätig wurde, trainierte ich u.a. lange Jahre die Kampfkunst Karate. Damals interessierte mich schon der Unterschied zwischen den traditionellen Trainingsmethoden, wozu ich auch die Katas zähle, und der modernen Trainingsmethoden im Kampfsport.

Bereits zu jener Zeit kam ich zu dem Schluss, das Katas im Karate sehr nützlich sind, um Balance zu entwickeln.

Allerdings ist es für einen Kata Sportler sehr schwer in den Wettkampf, dem Kumite, zu wechseln, wenn er nicht beides parallel trainiert.

In der Vergangenheit waren viele Karate Meister davon überzeugt, dass das ständige Training von Katas Angriffe und Verteidigung verbessert, durch die Perfektionierung von Bewegungsabläufen.

Heutzutage und mit den heutigen Ansprüchen im Kampfsport werden allerdings andere Eigenschaften und Methoden, wie z. B. Ausdauer, Kraft und Technik sehr viel wichtiger, um sich in harten Sparringskämpfen auf Wettkämpfe oder reale Situationen vorzubereiten.

Zum Abschluss möchte ich zusammenfassen, dass ich denke, dass das moderne Kampfsporttraining andere Methoden benötigt, um anständige Resultate zu erzielen. Allerdings ist das Training von Katas gut geeignet um z. B. Kinder oder Anfänger in Balance zu bringen, dafür sind Katas eine hilfreiche Trainingsmethode in der Hand des Trainers.

Aus der Sicht eines Kampfkunstforschers

Sascha Wagener

Man sagt oft die Kata sei das Herz der Kampfkunst. Aber ich habe auch oft in Zweifel gezogen, warum man sich mit dem Umweg der Kata beschäftigen soll.

Die meisten Katas sind über die Zeit vollkommen verändert worden, was ihr Erschaffer wirklich bezweckte lässt sich nur erraten. Aber vor allem wird sich auch kaum mit diesen wichtigen Themen befasst. Kata führt man einfach so aus, oder man übt sie als Show. Damit entfernt man sich sehr weit von einer realistischen Anwendung und auch vom wirklichen Schatz, den eine Kata darstellen kann.

Dieser Schatz besteht darin, dass eine Kata wie ein multidimensionales Rätsel ist. Ein Rätsel, das so komplex ist, dass es unser ganzes Wesen herausfordern kann. Die Kata regt uns an unsere Motorik zu erweitern, ihre historisch/kulturelle Prägung zu erforschen, uns von verfestigten Ideen zu lösen und aus ihren oberflächlichen Bewegungsmustern tausende von sinnvollen und individuellen, für uns funktionierende, Anwendungen zu erforschen.

Forscht man so tief, dann ist die Kata kein nutzloser Umweg, was sie an den meisten Orten leider ist, sondern sie ist wie ein Koan. Ein Zen-buddhistisches Rätsel, was keine richtige oder falsche Antwort hat, sondern uns von den Illusionen und Beschränkungen des normalen Denkens befreien soll. Dieser Kata-Koan bringt unser Selbst und unsere Kampffähigkeiten weiter, als jede vorgegebene todsichere Nahkampfausbildung.

Wer nur Nahkampf will, der sollte die Kata meiden. Doch wer Nahkampf, lebenslange intellektuelle Herausforderung, Denken in vielfältigen Aspekten und die Erforschung seiner eigenen Gesunderhaltung will, der sollte ganz tief und ohne jedes Dogma in die Katas hineinschauen

Aus der Sicht eines Vollkontaktsportlers

Josip Lovric

Geschäftsführer und Trainer für Muay Thai, Tai Kien Boxen und Grappling im Suksoi Gym in Aachen. Erfahrungen im Kampfsport:

  • Taekwondo und Judo als Kind
  • Seit 15 Jahren Training in Muay Thai, Tai Kien Boxen und Grappling
  • 6. Khan im Muay Thai und Trainer C-Lizenz
  • 1. Dan im Tai Kien Boxen und Trainer C-Lizenz
Als ich im Kindesalter mit dem Taekwondo Training begann, bestand dies auch sehr oft aus Kata Übungen. Mir wurde damals erklärt, dass dies meine Geduld und meine Erinnerung schulen sollte.

In den weiteren Jahren meiner Kampfsportlaufbahn, setzte ich mich allerdings vor allem mit Vollkontaktsportarten wie dem Muay Thai, Tai Kien Boxen und dem Grappling auseinander. In diesen Kampfkünsten spielen Katas quasi keine Rolle, da sie auf den Wettkampf ausgerichtet sind.

Für einen Kämpfer, der ausschließlich Katas trainiert, ist es schwer, einen Kampf zu bestreiten. Meiner Meinung nach ist dies nur möglich, wenn beide Kämpfer exakt die gleiche Kampfkunst betreiben. Da aber die meisten Trainer, das Training nach eigenen Vorstellungen gestalten und variieren, verlieren hier die Katas an Wirkung. Des Weiteren ist es auch schwierig, Techniken aus Katas auf Gegner verschiedener Größe und Gewicht anzuwenden.

In meinen Augen werden Katas zu oft angewandt, um traditionelle Bewegungsabläufe auswendig zu lernen. In den meisten Fällen findet hier keine Weiterentwicklung statt, da die Abläufe nicht hinterfragt werden.

Ich denke, dass es gerade im Bereich des modernen Wettkampfes nützlicher und effizienter ist, Techniken und Kombinationen mit dem Partner zu üben und dann mit Schnelligkeit und Kraft am Sack und den Pratzen zu perfektionieren. Die Taktik und das Gefühl für den Kampf sollten dann in leichten Sparrings erlernt werden.

Aus der Sicht eines Angampora Guru’s

Piumal Edirisinghe

Vorsitzender und Guru bei Angampora STIMA in Colombo, Sir Lanka.

  • 19 Jahre Erfahrung im Angampora, waffenloser- und bewaffneter Kampf.
  • 4 Jahre Erfahrung als Guru (Meister) im Angampora.
  • Jüngster Guru bei Angampora STIMA
Jede traditionelle Kampfkunst verwendet Katas. Kata ist ein japanisches Wort und bedeutet „Übung“. Im chinesischen ist es als Taolu bekannt. Katas sind im Grunde eine Reihe von technischen Bewegungen, die immer wieder zum Meistern einer Technik praktiziert werden.

Es scheint, dass viele moderne Kampfkünste auf Katas herabschauen und sie als unpraktisch und zeitverschwendend einschätzen. Meiner Meinung nach rührt dies aus einem Unverständnis, was Kampfkunst überhaupt ist und für was sie gut ist.

Ein Kämpfer zu sein ist eine Sache, ….ein passionierter Kampfkünstler zu sein eine Andere.

Im Angampora (Waffenloser Kampf) sind Katas als „Ath Paa haramba“ bekannt. Sie haben einen essenziellen Anteil in der Angam Ausbildung. Dies hat verschiedene, gute Gründe.

Hauptsächlich werden sie angewandt, um die unverwechselbare Beinarbeit im Angampora zu üben und zu perfektionieren, da dies die Basis von Angam ist, neben den speziellen Pressurpunkttechniken. Außerdem werden so Geschwindigkeit und Ausdauer in der angewandten Technik entwickelt.

Die verschiedenen Katas im Angam werden den Schülern als wichtige Mittel unterbreitet, um Geist und Körper zu disziplinieren. Es hilft Geduld zu entwickeln, beim Schüler, als auch beim Meister, da manche Schüler eine gewisse “Ath Paa haramba” für viele Jahre trainieren und entwickeln. Dies ist ein Beweis für die Hingabe und den Willen des Schülers.

Möglichst viele Katas zu kennen beweist nicht die Größe eines Praktizierenden, es ist die Beherrschung und Perfektion, die zählt.

Aus der Sicht eines persischen Kriegers

Dr. Manouchehr Moshtagh Khorasani

Gründer von Razmafzar und Experte für historische persische Kriegskunst. Erfahrungen in mehreren Kampfkünsten:

  • Ringen
  • Kyokushin Karate
  • Muay Thai
  • Brasilian Jiu Jitsu
  • Mixed Martial Arts
  • Historische Kampfkünste, wie z.B Schwertkampf, Bogenschießen und berittener Kampf
Ich komme persönlich aus traditionellen japanischen und chinesischen Kampfkünsten, obwohl ich mit Ringen angefangen habe und dann parallel asiatische Kampfkünste trainierte.

Als Ringer war ich und bin ich immer von Vollkontakt-Kampfkunstarten begeistert.

Neben Razmafzar trainiere ich regelmäßig Muaythai, Ringen, BJJ und MMA bei einem renommierten MMA Gym in Frankfurt a.M. Trotzdem muss ich betonen und feststellen, dass viele Kämpfer die Wichtigkeit und Rolle der Katas absolut missverstehen und falsch interpretieren.

Katas sind nicht mehr und weniger als eine Zusammensetzung von Kombinationen, die man auch beim Boxen, Muaythai, BJJ, MMA und Ringen trainiert. Ohne diese Kombinationen kann man nie richtig kämpfen lernen. Das gleiche gilt für den Waffenkampf. Da muss man ständig Kombinationen üben.

Überlege, dass man sogar beim Ringen und BJJ solche Kombinationen üben muss. Der Unterschied liegt in der Länge. Wo man bei den kampforientierten Kampfkünsten oder Kampfsportarten höchstens 3-7 Techniken in einer Reihe als eine Kombination immer wieder übt, hat eine Kata viel mehr Kombinationen.

Da liegt aber die Gefahr, dass manche Leute, die nicht ständig Sparrings machen oder kämpfen, sich auf die Schönheit der Katas konzentrieren, ohne darüber nachzudenken, wieso sie diese Bewegungen überhaupt machen.

Viele zweifeln auch manch übertriebene Bewegungen und Formen an und sagen, dass diese nie in einem Kampf verwendet werden können. Das stimmt nur teilweise. Schau bitte, wie manche UFC Kämpfer sich Bewegungstrainer holen und solche Bewegungen einstudieren. Ich denke, dass ein richtiger Kampf viel komplizierter ist, als wir denken.

Aus der meiner Sicht

Christoph Hoffmann

Gründer des Kampfsportblogs A Warrior‘s Journey. Er reist um die Welt zur Erforschung verlorener und unbekannter Kampfkünste. Bisher trainierte und erforschte Kampfkünste:

In meinem bisherigen Leben als Kampfsportler, spielten Katas eine eher untergeordnete Rolle, da ich größtenteils wettkampforientierten Vollkontaktsport trainiert habe.

Dennoch habe ich auch ein wenig Erfahrung mit Ausübungen von fest vorgeschriebenen Bewegungen und Formen in verschiedenen Kampfkünsten gehabt.

Gerade als Anfänger ich es wichtig, dass man die Bewegungsabläufe kennenlernt und immer wieder praktiziert, um sie sich einzuprägen. Dafür sind Katas sehr gut geeignet.

Leider ist es der Fall, das in den meisten Kampfkünsten, in denen viele Katas trainiert werden, einige unnatürliche Bewegungen vorhanden sind und dies einfach so hingenommen wird, weil irgendein Meister diese Kata vor vielen Jahren entwickelt hat. Doch leider weiß niemand mehr so wirklich, was der Sinn und Zweck hinter diesem Bewegungsablauf war.

Für mich ist die Kata im fortgeschritten Status nicht zweckgemäß, wenn gezielt für den Wettkampf oder auf Selbstverteidigung trainiert wird. Hier sollten eher realitätsgemäße Übungen und Abläufe mit dem Partner durchgespielt werden, sowie Sparringskämpfe stattfinden.

Wenn allerdings ein tieferes Verständnis in die verschieden traditionellen Kampfkünste gewünscht ist, dann sollte man sich auch mit Katas beschäftigen. Allerdings muss man hier stets die Abläufe hinterfragen und nicht einfach annehmen, was einem vorgeführt wird.

Du hast auch Erfahrungen mit Katas oder eine Meinung über den Sinn und den Unsinn von Katas? Lass es uns wissen und an deinen Gedanken teilhaben. In welcher Kampfkunst hast du Katas erlebt und wie haben sie dein Training und deine Entwicklung beeinflusst?

Wenn du noch weitere Fragen oder Anregungen hast, dann kannst du mir gerne weiter unten ein Kommentar hinterlassen. Ich werde dir so schnell wie möglich antworten!

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